Armutsgrenze von Wollerau bestätigt – Besuch ehemaliger Weggefährten am Zürichsee – 1998
Als Michael Plank und ich im 4. Quartal des Jahres 1994 mit der Jacobs Holding über den Verkauf unseres Unternehmens North Sails Windsurfing verhandelt haben, war der gelernte Banker Dr. Peter Haber der entscheidende Mann auf der anderen Seite unseres Verhandlungstisches. Als CEO der Allgemeine Finanzgesellschaft AG (AFG) war er nicht nur für die Konditionen und den Preis unseres Deals, sondern auch für Michi Plank und mein Gehalt als zukünftig angestellte Manager der Jacobs Gruppe verantwortlich. Er zeigte sich sehr großzügig und auch er hatte was davon, daß unser Geschäft zeitnah erfolgreich abgeschlossen wurde. Peter Haber hatte damals eine von ihm schwangere Partnerin mit Wohnsitz am Starnbergersee, die er durch die neue Konstellation nach der Übernahme als Aufsichtsrat sehr viel häufiger sehen konnte. Er schied zwar im Jahr nach unserem Closing bei Jacobs aus, doch blieben wir in Kontakt und so besuchte ich ihn Anfang November in seinem herrlichen Anwesen in Wollerau am Zürichsee. Wir gingen am Abend zusammen zum Nachtessen und ich am Tag darauf zum Shoppen nach Zürich. Einfamilienhäuschen mit gelblichen, vertäfelten Fassaden, Geranien vor den Fenstern und sauber getrimmte Hecken. Auf den ersten Blick sieht Wollerau aus, wie jeder andere malerische Ort in der Schweiz. Wollerau zieht die Menschen aber nicht nur mit dem Ausblick auf den Zürichsee an, sondern auch mit dem niedrigsten Steuersatz im Land. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Vermögen von 3 Millionen Franken bezahlt gerade einmal 4.410 Franken Vermögensteuern. Und deswegen prägen nicht nur Einfamilienhäuschen zum Bild des 7.000-Seelen-Orts, sondern auch grosse, minimalistische Villen aus Beton, die auf dem Hügel über dem Städtchen thronen. In einer dieser Villen wohnte nicht nur Peter Haber, sondern bis vor kurzem auch Roger Federer. Selbst Formel 1-Star Kimi Räikkönen war vor einigen Jahren in Wollerau zuhause. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung fand kürzlich heraus: In keinem Ort der Schweiz können Menschen jeden Monat mehr Geld ausgeben als in Wollerau. Der durchschnittliche Wollerauer kann jährlich rund 104.000 Franken nach Belieben verjubeln. Was gerne vergessen wird: Laut dem Bundesamt für Statistik gelten hierzulande 615.000 Menschen, also jeder siebte, als arm. Die Armutsgrenze liegt in der Schweiz bei einem Durchschnittseinkommen von 2.247 Franken, bei einem Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 3.981 Franken. Diesbezüglich müssen wir uns bei Peter Haber keine Sorgen machen.
- Dr. Peter Haber, Michael Kamm
Blick von der Schweizer Steueroase Wollerau auf den Zürichsee
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