Champagner Powder in Park City mit Snowboard Desaster in Salt Lake – 1998
Unverhofft kommt oft! North Sails und dem damit verbundenen Sommer- und Wassersport-Geschäft hatte ich im Sommer 1997 den Rücken gekehrt und mich Anfang 1998 dem ebenso interessanten Winter- und Ski-Sport Business zugewandt. Der damalige Lockruf kam von Willi Fahrngruber, ehemals langjähriger Sprecher der Geschäftsleitung von MARKER, einem der international führenden Skibindungsunternehmen. Willi, ein gebürtiger Kärtner war Vertriebs- und Marketingprofi und als Alpenländler den Produkten für die Piste auch als Anwender eng verbunden. Und war zudem schon damals Good Old Harley Buddy. Marker hatte sich damals von seinem CFO getrennt und war auf der dringenden Suche nach einem adäquaten Nachfolger, der einerseits Verständnis und Gefühl für die Sportbranche hatte und andererseits auch Zahlen zu interpretieren wusste. Statt Wind in den Segeln hatte ich jetzt Schnee unter den "Brettln" - und das wie immer international. Das gefiel mir sehr gut und so sagte ich kurzfristig zu. Aber leicht war es auch diesmal nicht, eher tricky, denn das Mutterunternehmen Marker war eine an der NASDAQ in den USA gelistete Firma mit Sitz in Salt Lake City, und dort lief damals nicht alles nach Plan. Unser Kerngeschäft Ski-Bindungen schrieb gute Zahlen, denn Klimawandel und oft fehlender Schnee waren damals noch nicht so offensichtlich und wurde einfach nur als saisonale Ausnahmeerscheinung abgetan. Ausserdem gab es einen völlig neuen Ausrüstungs-Hype auf den Pisten. Die Carver mit denen man den Schnee förmlich zerschnitt. Diese bahnbrechende Entwicklung bedurfte natürlich auch einer ebenbürtigen Platten-Bindung. Mit 450 Mitarbeiter:Innen und 150 Mio € Jahresumsatz hatten wir in Eschenlohe vor den Toren von Garmisch-Partenkirchen eine solide und innovative Basis und kurbelten unser Geschäft weltweit weiter an. Im März fuhren Willi und ich gemeinsam mit Premek Stepanek - unserem Entwicklungschef - zu Gesprächen in unser US Headquarter und trafen uns dort mit dem Chairman und Main Shareholder Hank Tauber.
- Michael Kamm, Hank Tauber und Willy Fahrngruber und Premek Stepanek
Da wird die Technik vor Ort und live getestet. Premek und Willi beim entspannten "Brettln". Wenig Schnee, dafür aber viel Sonne
Auf den Pisten rund um unsere Niederlassungen waren wir immer gut drauf. Nicht nur in Garmisch oder in Sapporo, sondern auch in Salt Lake gönnten wir uns nach dem Business einen Ausflug ins entspannte Skigebiet von Park City in Utah, wo wir auch im Gästehaus der Firma sehr chic wohnen konnten. Eine coole Skidestination mit "The Greatest Snow on Earth". Das sagte zumindest das Tourist Board.
Hank Tauber - hier ganz vorne im Bild - war auch mit von der Partie. Er war nicht nur der Mehrheitsgesellschafter, sondern auch noch ehemaliger US Ski Coach und Promoter der legendären Mahre Zwillinge. Die beiden, Steve und Phil, mischten in den 80ern mit ihren unzähligen Siegen nicht nur den Weltcupzirkus auf, sondern brachten auch einige Verwirrung ins Spiel. Selbst ihr Trainer konnte die beiden manchmal nicht auseinanderhalten.
Mit dem Tombstone Express zu sechst sanft und schnell nach oben. Wenn eine Bergstation schon Sunrise heisst, kanns gar nicht schnell genug gehen
Trotz wenig Schnee hatten wir Spaß in Park City, denn in den US Skigebieten geht alles viel relaxter und freundlicher zu. Aber wenn man sich nicht an die Regeln hält, kann es einen auch schonmal das Day Ticket kosten. Zuckerbrot und Peitsche.
Park City wuchs während der 1980er und 1990er Jahre explosiv und liegt unmittelbar im Norden und Osten dreier großer Wintersportgebiete: Park City Resort, Deer Valley und The Canyons. Obwohl es weniger Schnee gibt als in Salt Lake City, weil sie auf der Leeseite der Wasatchkette liegen, sind die Skigebiete leichter zu erreichen. Auch das Sundance Film Festival, von Robert Redford ins Leben gerufen, findet hier jährlich statt
Hank Tauber - unser main shareholder und mit Schnee unter den Füssen geboren - war entspannt und gut drauf. Premek Stepanek - unser Marker Entwicklungschef sinnierte offensichtlich wieder über das nächste facelift seiner Bindungen
Das noble Marker Gästehaus in Park City, in dem wir untergebracht waren. Holz, Stein, Glas - die typische Architektur für die Mountain Lodges. Und innen lockt am Abend der Kamin und der Indoor Jacuzzi, um die müden Muskeln zu lockern
Gruppenbild mit Dame. Die Frühjahrs Sonne hatte mir schonmal einen sportlichen Teint verpasst. Ich stand schon immer mehr auf natürlichen als auf SPF Schutz
Unser größter japanischer Importeur hatte seine landestypische Akkuratesse abgelegt und genoss den American way of life
Noch wussten wir nichts von der drohenden Wolke, die bereits über uns hing
Mit dem großen Desaster mussten wir uns dann nämlich nach unserer Rückkehr in Eschenlohe intensiv auseinandersetzen. Das Headquarter in Salt Lake hatte sich von uns - der liquiden deutschen Tochtergesellschaft - einen sehr hohen zweistelligen Millionenbetrag geliehen, um dieses Geld in - nach Meinung der USA Kollegen - vielversprechende Zukäufe zu investieren. Sims und Santa Cruz, zwei hippe Snowboard-Companies, mussten es sein. Diese Strategie ging voll in die Hose und das Fazit der ganzen Aktion war alles andere als lustig. Die Banken strichen uns binnen Tagen sämtliche Kreditlinien und wollten unser / ihr Geld zurück. Schnappatmung bei allen Verantwortlichen und natürlich bei der Belegschaft. Der Boandlkramer stand schon vor der Tür, um uns in die Insolvenz Hölle mitzunehmen. Da war verdammt viel Überredungskunst gefragt ... und wir bekamen es hin. Allerdings auf Kosten der Eigentümer, denn wir mussten die Firma unter Druck und damit großen Zugeständnissen an Völkl und Tecnica verkaufen, die Marker ziemlich schnell an K2 weiterreichten
Die US Mutter hat uns mit ihren unüberlegten Aktionen ganz schön ins Trudeln gebracht. Dabei wäre alles so gut gelaufen. Marker hatte immerhin nicht mit solch imagevernichtenden Aussagen wie die seines Wettbewerbers GEZE zu hadern. Geze oder geze nicht .... ganz im Gegenteil dazu war Marker durch seinen Gründer - den aus Berlin stammenden ehemaligen Sportjournalisten und grandiosen Tüftler Hannes Marker das erste Unternehmen, das eine sich beim Sturz öffnende Sicherheitsbindung auf den Markt brachte. Mit Hannes - der leider kein guter Kaufmann war und seine Firma daher später abgeben musste - hatte ich über viele Jahre engen Kontakt, da er auch im Windsurfing Bereich als Daniel Düsentrieb mit Innovationen unterwegs war.
Der taillierte Ski wurde bereits im Jahr 1870 vom norwegischen Skifahrer Sondre A. Norheim entwickelt. Diese Ski-Bauart erleichterte das Kurvenfahren und ist das Vorgängermodell des heutigen Carvers. Die Bindung des Skis bestand damals aus geflochtenen Weidenzweigen. Mathias Zdarsky entwickelte im Zuge der Anpassung des norwegischen Skistils an das steile Terrain der Alpen eine neue Skibindung, die dem Fuß wesentlich mehr Halt gab. Diese ermöglichte es erstmals, die Skier auch auf steilen Hängen zu steuern und Kurven zu fahren. Als Fahrhilfe wurde nicht wie heute zwei kurze Skistöcke, sondern ein langer Stab zum Lenken, Bremsen und zum Halten des Gleichgewichts verwendet.
Fehler entdeckt, Änderungen & Ergänzungen gewünscht sowie eigene Photos zur Vervollständigung verfügbar? Bitte gerne per Mail an Michael@Kamm.info.