Dinner an der Hochleite – Von Arnimsche Gäste in der Villenkolonie Menterschwäge – 2000
Mitte November hatte Joachim von Arnim - mein Vermögensverwalter bei der Deutschen Bank - Annette und mich zum Abendessen in sein Harlachinger Haus eingeladen. In der wunderbaren Villa an der Hochleite lebte zuvor bereits Joachims Mutter. Das Abendessen war wie beim von Arnimschen Uradel zu erwarten recht förmlich. Das Haus war klasse und ein echtes Schmuckstück. Die Villenkolonie Menterschwaige ist eine Siedlung am Hochufer der Isar in München im Stadtteil Harlaching. Die Bebauung bestand ursprünglich aus großzügigen Wohngebäuden des späten Historismus, insbesondere des Heimatstils. Die Kolonie ist rund 48 ha groß und wurde ab 1896 von dem Bauunternehmen Heilmann & Littmann erschlossen. Sie ist nach dem Gutshof Menterschwaige benannt, der im Nordwesten des Gebiets steht. 1896 kaufte das Bauunternehmen Heilmann & Littmann Gasthof und Gelände mit zusammen 52 ha für 450.000 Mark, um dort eine seiner Villenkolonien anzulegen, mit denen es seit 1887 im Großraum München erfolgreich war. Das Unternehmen reichte einen Baulinienplan ein, der schon 1897 durch die Stadt München genehmigt wurde. Den Gutshof verkauften sie 1898 an das Bürgerliche Brauhaus München, eine Großbrauerei und Betreiber von Gaststätten, die der Familie von Heilmanns zweiter Frau Josephine, geborene Hierl, gehörte. Die Heilmann’sche Immobiliengesellschaft bot die Menterschwaige in Form von einzelnen, unbebauten Grundstücken an. Anders als bei früheren Bauprojekten wie in der Villenkolonie Prinz-Ludwigs-Höhe auf dem gegenüberliegenden Isarufer baute sie selbst keine Häuser, vielmehr gaben die Käufer der Grundstücke Entwurf und Bau der Häuser bei Architekten ihrer Wahl in Auftrag. Die Bebauung der Grundstücke verlief wesentlich langsamer als vorgesehen. 1910 waren erst vier Häuser errichtet, darunter das Landhaus Lehmann des Verlegers Julius Friedrich Lehmann und das Landhaus Spatz seines Schwagers, Hofrat Bernhard Spatz. Rudolf Heß wurde später selbst Bewohner der Menterschwaige. Er kaufte 1935 eines der größten Grundstücke der Kolonie direkt an der Hangkante, das 1925 mit einem Landhaus mit Nebengebäuden bebaut worden war. Heß ließ das Haus durch den Architekten Peter von Seidlein weitgehend umbauen und auf die nahezu doppelte Nutzfläche erweitern. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und brannte teilweise aus. Nach dem Krieg wurde das Grundstück von der US Army als Jugendcamp für die Kinder der Besatzungstruppen genutzt. Andererseits wohnte in der Menterschwaige auch der deutsch-russische Arzt Hugo Schmorell mit seiner Familie. Sein Sohn Alexander Schmorell lernte als Medizinstudent in der Sanitätskompanie der Wehrmacht 1941 den ebenfalls Medizin studierenden Hans Scholl kennen und freundete sich mit ihm an. Es entwickelte sich ein Freundeskreis, der auch Christoph Probst einschloss und sich regelmäßig im Haus der Schmorells zu literarischen und philosophischen Gesprächs- und Leseabenden traf. Anfang 1942 wurden die Freunde im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv und gründeten die Weiße Rose. Nach Schmorell ist heute der einzige größere Platz in der Menterschwaige benannt. Weitere prominente Bewohner der Menterschwaige vor und während des Zweiten Weltkriegs waren der Hotelier und Gastronom Alfred Walterspiel, die Schriftstellerin Kuni Tremel-Eggert und der Komponist Siegmund von Hausegger.
- Joachim von Arnim, Annette & Michael Kamm
Die Häuser der Villenkolonie erlitten nur punktuell Kriegsschäden, nach dem Krieg wurde am 12. April 1946 die gesamte Kolonie Menterschwaige mit dem südlichen Teil Harlachings durch die US Army beschlagnahmt und diente als Wohngebiet für Angehörige der Besatzungstruppen und der amerikanischen Zivilverwaltung. Die Häuser wurden zwischen 1955 und 1957 an ihre Eigentümer zurückgegeben, nachdem die Amerikanische Siedlung im Ortsteil Obergiesing fertiggestellt worden war. Ursprünglich war die Menterschwaige durch die Architektur des späten Historismus, insbesondere des Heimatstils, und des beginnenden Jugendstils geprägt. Davon sind nur noch einzelne Bauten erhalten. Eine große Zahl der Häuser wurden in der Nachkriegszeit als unmodern komplett umgestaltet oder abgerissen. Die Grundstücke wurden häufig geteilt und mit mehreren modernen Häusern bebaut. Außer dem Gutshof Menterschwaige sind nur noch fünf weitere Bauten aus der Ursprungszeit nahe dem Originalzustand erhalten und stehen unter Denkmalschutz.
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