Diskussion sozialer Mindestlohn – Familienunternehmer auf dem Podium in Augsburg – 2014
Im Mai 2014 ist die Diskussion zum Mindestlohn ein heisses Eisen. Ich bin vom Familienunternehmerverband zu einer Podiumsdiskussion nach Augsburg eingeladen, um als Vertreter eines mittelständischen Textilunternehmens wie Sympatex meien Position zu vertreten. Der in Deutschland von den sozialen Parteien und den Gewerkschaften angestrebte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde soll verhindern, dass die schwierige Arbeitsmarktlage in vielen Branchen und Regionen von Arbeitgebern weiterhin ausgenutzt wird, um häufig untertarifliche Stundenlöhne zu zahlen, die so niedrig sind, dass der Monatsverdienst von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern nur knapp über dem Existenzminimum von Alleinstehenden oder sogar darunter liegt. In diesem Fall können und müssen die betroffenen Arbeitnehmer ihr Erwerbseinkommen vom Jobcenter aufstocken lassen. Dies ist, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zutreffend kritisiert, eine wettbewerbsverzerrende Subvention von Billigheimern zu Lasten der Beschäftigten, der Steuerzahler und der Firmen, die ihre Leute anständig bezahlen. Durch den Mindestlohn soll der Niedriglohnsektor, der in Deutschland größer ist als in den anderen EU-Staaten, eingeschränkt werden. Durch dessen Ausbreitung sowie durch die niedrigen allgemeinen Lohnsteigerungen in den letzten 15 Jahren hat sich Deutschland Lohnkostenvorteile gegenüber den Staaten des Euroraums verschafft, die für deren Leistungsbilanzdefizite und Beschäftigungsprobleme mitverantwortlich sind. Allerdings hat sich Deutschland damit auch selber geschadet, weshalb auch erreicht werden soll, dass das Lohngefüge allgemein nicht weiter nach unten gezogen wird. Die Einführung des Mindestlohnes wäre ein deutliches Signal, dass Deutschland sich von der Niedriglohnstrategie verabschiedet. Gegen diese wirtschaftspolitische Forderung wird in der deutschen Diskussion immer wieder das Argument angeführt, ihre Umsetzung führe zu einer generellen Vernichtung von Arbeitsplätzen. Auch die Mehrheit des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung warnt im Jahresgutachten vor „zusätzlichen hunderttausenden Arbeitslosen bei einem Mindestlohn von 8 Euro“ Auf diesen Kasten beruft sich die Mehrheit auch im nächsten Jahresgutachten 2013. Auch im neusten Jahresgutachten 2014 hat sich an der Position der Mehrheit nichts geändert. Diese Argumentation ist jedoch weder theoretisch begründet noch empirisch fundiert. Auf dem Podium bin ich auch der Einzige, der zum Mindestlohn steht ... alle drei anderen Familien Unternehmer lehnen das Vorgehen ab. Machte mir gar nichts ... ich bin und bleibe ein sozialer Arbeitgeber und dazu stehe ich auch ... noch dazu in einer Stadt wie Augsburg, wo die Familie meines Internatsfreundes Johannes Fugger seit mehr als 500 Jahren mit einem sozialen Beispiel Zeichen setzt.
- Philipp Schoeller & Michael Kamm
Die heute noch in Augsburg bestehende älteste Sozialsiedlung der Welt wurde 1521 von Jakob Fugger für schuldlos verarmte Augsburger Bürger gestiftet und von 1514 bis 1523 erbaut. Sie besteht aus 67 Häusern mit 140 Wohnungen, einer Kirche und Verwaltungsgebäuden. Immer noch beträgt die Jahresmiete nur 0,88 Euro. Drei Gebete täglich für das Seelenheil der Stifterfamilie sind Bestandteil des Mietvertrags.
Als "Stadt in der Stadt" wird die Fuggerei bezeichnet, denn sie hat eine Kirche, eine Stadtmauer und drei Toren. Bis heute wird die Sozialsiedlung nahezu ausschließlich aus dem Stiftungsvermögen - Forstwirtschaft und Immobilien - finanziert und durch die Fürstlich und Gräflich Fuggersche Stiftungs-Administration verwaltet.
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