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Friedhof der Kuscheltiere – Goleo Bestattung in Qingdao – 2008

Von So., 27. Juli 2008 bis Do., 31. Juli 2008

"NICI Kuscheltiere sorgen für strahlende Augen und ein Lächeln im Gesicht bei Kindern und Erwachsenen. Und das schon seit über 30 Jahren" - so titelte zumindest die Unternehmensbroschüre. In der Tat hatten das Unternehmen NICI aus Altenkunstadt wundervolle Plüschprodukte, die auch bei den Kindern meiner Familie und Freunde mit großer Begeisterung angenommen wurden, wenn ich am Freitag mal wieder mit einem gefüllten Kofferraum der netten Tierchen aus Oberfranken nach München kam, und Ette dann umgehend dankbare Abnehmer fand. Allerdings hatte ich es im Zuge meines Interims-CEO Mandats nach einer folgenreichen Insolvenz leider selbst mit vielen Altlasten zu tun. Das ist gleichermassen Aufgabe wie Los eines jeden Restrukturierers. Ehemals war die Nici AG und mit über 500 Mitarbeitern ein wichtiger Arbeitgeber im oberfränkischen Altenkunstadt, hatte sich das Unternehmen unter der Leitung von Gründer Ottmar Pfaff jedoch zunächst mit riskanten und dann mit kriminell undurchsichtigen Geschäftspraktiken in 2006 ins Aus geschossen. Das Golden Goal hätte eigentlich mit dem WM Maskottchen Goleo geschossen werden sollen, aber selbst diese Chance hat das Unternehmen nicht vor dem Insolvenzverfahren gerettet. Für Ottmar Pfaff endete das mit einem langjährigen Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen in Bayreuth. In chinesischen Qingdao - wohin ich mich Ende Juli auf den Weg machte - hatte Nici seit dem WM Jahr 2006 ein Riesenlager. Dort wartete die tierische Insolvenzmasse auf mich. Ganze 7 Millionen Goleos, die zwar mit einem Fußballtrikot bekleidet aber hosenlos waren und mit einem Fußball namens Pille ausgestattet waren, galt es zu vernichten. Ich flog mit unserem Lagerleiter von Frankfurt nach Hongkong und dann weiter nach Quingdao. Mit im Gepäck hatte ich auch Mitarbeiter der in London ansässigen Eigentümer der Firma SVP - Strategic Value Partners. Diese Gruppe - Hedge Fund Leichenfledderer - unter Leitung von HJ Woltery hatte am 1.12.2006 den Nici Geschäftsbetrieb und damit auch sämtliche Markenrechte übernommen. Eingefädelt wurde der Deal von Michael Jaffé, der damals auch die Kirch Gruppe abwickelte. Wir überließen die Viecher vor Ort ihrem Massengrab-Schicksal, die doch eigentlich so vielen Kindern hätten Trost spenden können. Strahlende Augen sehen anders aus. Nach unserer Vernichtungsaktion sind wir noch ins koreanische Seoul weitergeflogen, wo wir einen Entwicklungsstandort unterhielten, an dem auch der Renner Jolly Mäh geboren wurde. Fazit der Reise: wie im richtigen Leben - einer "mäht", der andere geht...

Mit dabei
  • Nici Team, Michael Kamm

Unser Lager in Qingdao, wo uns die armen Leos erwarteten. Der Psychoanalytiker Donald Winnicott beschrieb die Funktion des Kuscheltieres mit dem Begriff des Übergangsobjekts, mit dessen Hilfe das Kind den Ausgang aus der symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung des Säuglingsalters auffange

Das Wetter konnte uns auch nicht erheitern. Aber der Kranich hat uns wieder gut und sicher nach Hongkong gebracht. Von dort aus ging es nach Qingdao, die Gartenstadt Chinas, die die Deutschen das "Neapel Chinas" nennen

Der Blick von unserem NICI Büro im Eight Commercial Tower in Chai Wan auf den Sin Sai Wan Sports Ground ... Chai Wan ist ein "relativ" mietgünstiges Industriegebiet im Osten von Hongkong Island

Wenn der Chef kommt, müssen die Hosen sitzen. Gekuschelt wird hier gar nicht

Wenn man das, was man mit viel Energie und Zuversicht entwickelt hat, seinem Schicksal überlassen muß, kann einem das schon mal die Laune verhageln. Unser Logistikleiter Willi Allmesberger in nachdenklicher Pose

Hier haben alle noch gelacht. Nicht nur die beiden Vertreter und abgestellten Supervisors unseres Private Equity Shareholders SVP - Richard Ortley und Stephan Menzel - aber das dicke Ende kam später. Unser smarter NICI Hongkong General Manager Andrew Cheng war dahingegen immer gut drauf und so bin ich bis heute immer noch gerne mit ihm in Kontakt

Qingdao war seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert ein deutscher Kolonial-Handels- und Kriegsmarinestützpunkt. Bestrebungen, im ostasiatischen Raum einen Stützpunkt zu besitzen, lassen sich in Preußen bis in das Jahr 1859 zurückverfolgen, als ein Geschwader der preußischen Marine im selbigen Jahr, die Preußische Ostasienexpedition, nach Ostasien abfuhr. Handels- und Marinekreise waren seit der Öffnung Chinas in den Opiumkriegen daran interessiert, dem deutschen Chinahandel den notwendigen militärischen Rückhalt zu verschaffen, ohne den deutsche Kaufleute nur schwer hätten Fuß fassen können. Auch andere Staaten, darunter Großbritannien, Russland und Frankreich, schufen sich zwischen 1842 und 1899 Handelsstützpunkte in China. 1896 beschloss die Reichsregierung, den Erwerb eines Stützpunkts aktiv zu betreiben. Der als Juye-Vorfall bekannt gewordene Übergriff auf deutsche Missionare, bei dem zwei von ihnen getötet wurden, bot den Anlass, ein Kreuzergeschwader der Kaiserlichen Marine unter Konteradmiral Otto von Diederichs zu entsenden und China ein Ultimatum zur Überlassung eines Pachtgebiets zu stellen. Angesichts der militärischen Übermacht gab China nach. Ein Pachtvertrag auf 99 Jahre wurde am 6. März 1898 unterzeichnet.

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