Österreich-Ungarische Temptation Wegelagerer – Misslungenes Steuermodell endet am Zollkai von Triest – 1997
Nachdem ich zwei Wochen zuvor unsere Princess Temptation von ihrem steuerneutralen slowenischen Winterliegeplatz in der Marina Koper in die Marina Porto San Vito in Grado zurückgebracht hatte, steht heute ein Einklarierungs- und Steuerzahltermin im Industriehafen in Triest auf meiner Agenda. Ernst Kübel - unser Wiener Hutmacher und Liegeplatzfreund aus Grado - begleitet mich freundlicherweise. Es sind keine 20 Seemeilen von Grado nach Triest und daher sind wir in weniger als einer Stunde dort. Der Hafen Triest - Porto di Trieste - ist ein Freihafen und größter Seehafen des oberen Adriatischen Meeres. Der Tiefwasserhafen gilt als maritimes Tor für Norditalien, Deutschland, Österreich und Zentraleuropa beziehungsweise als Endpunkt der maritimen Seidenstraße mit ihren Verbindungen über den Suezkanal beziehungsweise die Türkei nach China, Japan und viele Länder Asiens. Der Hafen von Triest ist ein Logistik-Knotenpunkt und über die Baltisch-Adriatische Achse bis in den Ostseeraum und nach Skandinavien vernetzt. Der Hafen ist Teil der nordostitalienischen Grenzstadt Triest, in direkter Nachbarschaft zu Slowenien und dem dort befindlichen Hafen Koper. Wir wurden aufgefordert an einen Zollkai mit extrem ölverschmierter Kaimauer zu fahren, an dem per Angel und Bastkörbchen ein Steuerbescheid in Höhe von knapp 100 Tsd Euro Umsatzsteuer von oben herab gelassen wurde und ich meinerseits einen bankbestätigten Scheck zur Begleichung meiner Einfuhrumsatzsteuer Schuld nach oben befördern ließ. Zwei Stempel und eine Quittung weiter und der bislang amerikanisch beflaggte Dampfer bekam eine deutsche Flagge mit Heimathafen Seeshaupt. Herr Feichtner sollte ein sehr schlechtes Gewissen haben, da er den nicht eingehaltenen Steuervorteil immer als extremes Verkehrsargument benutzt hatte. Ich selbst hatte im Anschluß allerdings immer ein gutes Gewissen, nachdem ich keine Bedenken mehr beim Einklarieren in europäischen Ländern haben musste.
- Ernst Kübl & Michael Kamm

Der Freihafen Triest wurde vom österreichischen Kaiser Karl VI im Jahr 1719 erbaut und wurde stark von seiner Tochter Maria Theresa geprägt, die den Hafen von Triest zum Hafen des Österreichisch-Ungarischen Kaiserreichs weiterentwickelt hat. In Folge des Pariser Friedensvertrages 1947 und des Memorandums von London 1954 erhielt der Hafen Triest offiziell den Status Freihafen. Bis heute sind die Besonderheiten und Vorteile, die sich aus der speziellen Rechtsprechung in Puncto Import, Export, Zollabwicklung und Steuerrecht in den fünf „Punti Franchi“ des Hafens ergeben, erhalten: Punto Franco Vecchio, Punto Franco Nuovo, Punto Franco Scali Legnami, Punto Franco Oli Minerali und Punto Franco Industriali.
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