Slit Ears never die – North Sails Italy Insolvenz, Take Over & Tomasoni Topsails Merger – 1993
Ein Schlitzohr war ursprünglich jemand, den tatsächlich ein Schlitz im Ohr zierte. Zu dieser zweifelhaften Auszeichnung war er jedoch nicht ganz freiwillig gekommen. Die sichtbare Strafe sollte Mitmenschen davor warnen, dass sie es mit einem Gegenüber zu tun hatten, der sich selbst am nächsten stand. Und mit solch einem durchtriebenen Exemplar hatte ich es während meiner North Sails Zeit zu tun. Helgo Lass, ehemaliger deutscher Surf Champion aus dem hohen Norden Bremens und zudem mit Philip Pudenz in den 80er Jahren erfolgreicher Autor zahlreicher Bücher zum Windsurfen, lebte mittlerweile in Riva del Garda und sollte dort den italienischen Markt für North Sails erfolgreich bearbeiten. Allerdings hatte er in südlichen Gefilden sehr schnell eine etwas mafiöse Einstellung zum Geld anderer Leute. Dummerweise deckte sie sich nicht mit unseren Vorstellungen. Rechnungen, die wir von Deutschland aus stellten wurden generell eher schleppend oder gar nicht bezahlt. Wir waren für ihn eher eine North Sails Bank, mit deren Geld er sich seine ganz persönlichen Wünsche erfüllte. Das richtige Engagement zeigte er im Vertickern unterschiedlicher Fashion-Brands, was für ihn wohl gewinnbringender war und von dem wir nichts wussten. Beim Anblick seines Lebensstils und der notwendigen Accessoires wie PS Boliden und Hubschrauber kamen wir dann irgendwann ins Grübeln. Der Crash war in greifbarer Nähe. So gab es einige unangenehme, aber sehr klare Gespräche und wir zwangen ihn, einen Privatkredit aufzunehmen, denn wir waren pausenlos damit beschäftigt unsere Aussenstände einzutreiben. Den Privatkredit sicherten wir dann mit einer Bürgschaft. Am Ende hat sich auch das als Fehler erwiesen, denn das Geld verschwand in der Insolvenzmasse. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Das tröstete uns. So lösten wir uns von allen finanziellen und menschlichen Altlasten und konnten nun den Markt nach unserem Gusto auf- und ausbauen. Wir mergten unser Business mit Mistral und lenkten das Geschäft fortan aus dem italienischen Rapallo. Rückblickend hätten wir - ganz geschichtsträchtig - auch Reparationszahlungen von unserem listigen Ex-Geschäftspartner verlangen sollen...
- Helgo Lass und Michael Kamm
Im North Sails Italy HQ wurden nicht nur Segel an den Mann gebracht. Die Kollektionskoffer für die hippen Fashionbrands wurden immer schön weggeräumt, wenn wir angekündigt zu Besuch kamen
Carport unten - Heliport oben! Helge wollte halt auch "Big Manni" werden. FlowTex lässt grüssen
Die Flaggen klackerten ausschließlich für North Sails. Schein zu wahren ist Alles!
Übersee- und Müllcontainer vor Weinreben. Selbst Industriegelände sind in Riva del Garda einigermassen ansehnlich
Das Städtchen Riva del Garda lässt sich leicht zu Fuß erkunden. Ob man sich dafür eine Stunde nimmt oder einen ganzen Tag bleibt einem selbst überlassen. Der Hafen in Riva del Garda und das Altstadt-Zentrum liegen direkt nebeneinander. Von hier aus sind die allermeisten Sehenswürdigkeiten nahe beieinander gelegen. Wer Ausflüge in die Umgebung machen will oder eine Klettertour, Wanderung oder Radtour plant, sollte sich etwas mehr Zeit nehmen. Riva del Garda kann auf eine bewegte Geschichte zurück blicken. Im Laufe der Jahrhunderte gab es unterschiedliche Herrscher: Römer, Goten, Langobarden und Franken, Bayern, Venezianer, Habsburger - die Liste der wechselnden der Herrscher ist lang. Das drückt sich auch in der vielseitigen Architektur in Riva del Garda aus, die ganz wesentlich venetianisch und habsburgisch geprägt ist. Aber auch ältere Zeitzeugen aus Stein wie die Festung Riva sind hier zu finden. Übrigens gehört Riva del Garda erst seit dem Jahr 1919 zu Italien.
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